Rückblick
Informeller Erfahrungsaustausch zur Jagd

Ein Jagdhochstand im WaldZoombild vorhanden

© Michael Grosch

Auch in diesem Jahr luden traditionsgemäß die Hegegemeinschaft Selb, der Bayerische Bauernverband (Geschäftsstellen Wunsiedel und Hof), der Forstbetrieb Selb der Bayer. Staatsforsten und das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth-Münchberg interessierte Jagende, Jagdgenossenschaftsvorstehende und Eigenjagdbesitzende aus den Landkreisen Hof und Wunsiedel zu einem gegenseitigen informellen Austausch ein.

Viele Menschen sitzen in einem Saal.Zoombild vorhanden

Besucherandrang am Schwarzwildabend © Michael Grosch

Den Informellen Austausch zur Jagd gibt es seit 2017. Anfangs ein Gemeinschaftsprojekt der Forstverwaltung Bad Steben und dem Bayerischen Bauernverband Hof/Wunsiedel, hat sich der Informelle Austausch zu einer Projektwerkstatt unter Zusammenarbeit des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth-Münchberg mit dem Bay. Bauernverband, dem BaySF-Forstbetrieb Selb und der Hegegemeinschaft Selb weiterentwickelt. Gegenseitige Information und Gedankenaustausch zur Jagd auf wissenschaftlicher Grundlage sind die Ziele.
Zuschauer sitzen auf Stühlen und betrachten einer Präsentation auf einem Beamer.Zoombild vorhanden

Schwarzwildvortrag © Michael Grosch

Über 300 Zuhörer aus den Bereichen Jagd, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Naturschutz verfolgten die Vorträge von Dr. Oliver Keuling von der Tierärztlichen Hochschule Hannover zum Thema Schwarzwild und Prof. Andreas König von der Technischen Universität München zum Thema Rotwild.

Schwarzwild fast flächendeckend in Deutschland präsent

Ein Mann in NahaufnahmeZoombild vorhanden

Dr. Oliver Keuling von der tierärztlichen Hochschule Hannover © Michael Grosch

Dr. Keuling, einer der renommiertesten Wildbiologen Deutschlands, gab einen tiefen Einblick in das heimische Schwarzwild. Während Schwarzwild früher Gebiete mit Schneehöhen über 50 cm gemieden hatte, kommt es heute fast flächendeckend in ganz Deutschland in immer noch steigender Stückzahldichte vor. Abgesehen von den Schäden auf den landwirtschaftlichen Flächen steigt auch das Risiko eines Seuchenausbruchs, wie z.B. der Afrikanischen Schweinepest. Die Flächengröße des jährlichen Streifgebietes liegt auch bei Störungen stabil bei ungefähr bei 4 bis 8 km², wobei es durchaus zu einem Wechsel der bevorzugten Einstände zwischen Sommer- und Winterhalbjahr kommen kann.
Das Wildschwein als sogenannter Allesfresser ist hinsichtlich der Nahrungswahl sehr flexibel und anpassungsfähig. Von der Wurzel und Regenwürmern bis hin zu Nagetieren wird alles gerne genommen. Damit leitete Dr. Keuling auch zur Bejagung der Wildschweine über. Wildschweine haben ein hohes Vermehrungspotential. Bereits 25 kg leichte Jungtiere, Frischlinge genannt, können schon geschlechtsreif werden. Um die Bestandszahlen der Wildschweine einigermaßen im Griff zu halten, müssten mindestens 80 % aller Frischlinge erlegt werden. Er gab als Empfehlung, auch wenn die Schwarzwildbestände zur Zeit etwas niedriger sind, mit der Bejagung nicht nachzulassen und in strengen Wintern mit Futtergaben sehr vorsichtig zu sein.

Rotwilddichte steigt

Ein Mann in Nahaufnahme

Professor Andreas König, Technische Universität München

Den Trend zu steigenden Wilddichten und vermehrter Ausbreitung konnte auch Professor Andreas König für das Rotwild bestätigen. Die Ermittlung der Wilddichte durch Zählung an den Winterfütterungen liefere nur vage Ergebnisse, in der Regel wird der Rotwildbestand unterschätzt. Das ist einer von vielen Gründen dafür, dass Rotwild sich mittlerweile auf einem Großteil der bayerischen Landesfläche ausgebreitet hat, obwohl es aus Gründen der Schadensvermeidung rein rechtlich nur in sogenannten Rotwildgebieten wie z. B. im Rotwildgebiet Fichtelgebirge regelmäßig vorkommen dürfte.

Rotwildgebiete in Bayern

Rotwild kann am Wald durch Verbiß von Baumknospen und Abschälen der Rinde bei älteren Bäumen schwere irreparable Schäden verursachen. „Ursachen können hier sein, zu hohe Futtergaben oder falsches Futter, Störungen durch ungelenkten Tourismus sowie zu hohe Wildbestände in Verbindung mit ungeeigneter Bejagungsstrategien“, so der Experte. Damit leitete König zum Rotwildmanagement über. Er empfahl auf eine Fütterung weitestgehend ist zu verzichten, weil das natürliche Nahrungsangebot auch im Winter ausreicht und bei der Fütterung zu viele Fehler gemacht werden können. Allenfalls eine Fütterung mit Heu sei halbwegs unproblematisch. Zu hohe Wildbestände müssten reduziert werden. König empfahl auch verstärkt direkt im Wald auf die Jagd zu gehen. Dies senke die Schäden im Wald und macht Wild in der Feldflur wieder sichtbar. Das starre Festhalten an früheren Jagdstrategien funktioniere nicht mehr. Vielmehr sollen die Jagdarten zeitlich gestaffelt gewechselt werden, damit sich das Wild nicht an eine Methode zu stark gewöhnen und durch erlernte Vermeidungsstrategien nicht mehr erlegt werden kann.